„Erbse liebt Radieschen“. Warum Mischkulturen so sinnvoll sind – auch im heimischen Garten
Dass in der Landwirtschaft Mischkulturen – also die Kombination verschiedener Feldfrüchte auf einer Fläche – sinnvoller und natürlicher sind als Monokulturen, ist kein Geheimnis. Die verschiedenen Arten tun sich gegenseitig gut, erlauben eine dichtere Bepflanzung und bremsen das Unkrautwachsum.
Auch muss in Mischkulturen längst nicht so viel Dünger, ob natürlich oder künstlich, eingesetzt werden. Denn bei einer guten Fruchtmischung konkurrieren die verschiedenen Arten nicht um die gleichen Nährstoffe, sondern helfen sich gegenseitig. So fördern Mischkulturen eine höhere Biodiversität und senken die Anfälligkeit einzelner Pflanzenarten für Schädlinge und Krankheiten. Außerdem bevorzugen Bienen und andere bestäubende Insekten eine nektarreiche Vielfalt, so wie sie auch in der Natur vorkommt – immer nur Raps- oder nur Kartoffelblüten finden sie schlicht langweilig. Kein Wunder also, dass man in Monokulturen niedrige Bestäubungsraten beoachtet, während Mischkulturen ertragreicher sind. Das ist nicht nur eine Binsenweisheit, sondern ist durch verschiedene Studien belegt.
Revitalisierung der gerodeten Waldflächen in Brasilien durch Mischkultur
Ein besonders anschauliches Beispiel für das erfolgreiche Zusammenspiel verschiedener Pflanzenarten zum Nutzen von Mensch und Natur ist die Agroforstwirtschaft, wie sie etwa vom schweizer Agrarwissenschaftler Ernst Götsch und gleichgesinnten Bauern in Teilen Brasiliens betreiben wird – auch und vor allem dort, wo die Böden durch Abholzung, Monokulturen oder Bergbau ausgelaugt sind. Hier dient der Urwald und seine Vielfalt als Vorbild für die Landwirtschaft. Indem Bäume und Sträuche bewußt auf Feldern integriert oder umgekehrt Nutzpflanzen im Urwald angebaut werden, entsteht ein natürliches und gesundes Pflanzensystem, das nicht nur ertragreicher ist als jede Monokultur, sondern auch tatsächlich nachhaltiger – ökonomisch, ökologisch und sozial im Gleichgewicht. Darüber hinaus sind diese und ähnliche Formen der Agroökologie ein wichtiges Instrument im Kampf gegen den Klimawandel, wie unter anderem Fritjof Capra, Physiker und Mitbegründer der New-Age-Bewegung, bestätigt.
Dabei ist Agroforstwirtschaft keine Neuheit. Sie wird seit Generationen in vielen Weltregionen betrieben und ist Teil der alten – und vielleicht neuen – Erfolgsgeschichte der landwirtschaftlichen Mischkulturen. Ob sich etwa verschiedene Reissorten in der chinesischen Provinz Yunnan ein Feld teilen oder Mais und hochwachsende Hülsenfrüchte in Kenia in sogenannter Alleenpflanzung angebaut werden, die Ergebnisse sind ähnlich: mehr Ertrag bei weniger Dünger, weniger Schädlingen und entsprechend weniger Pestiziden. Und das ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch für Bauern und Konsumenten. Zumal ein Bericht der Vereinten Nationen aufzeigt, dass Agroökologie – mit anderen Worten Mischkulturen – eine Lösung für die derzeitige globale Lebensmittelungerechtigkeit sein kann.
Aber Mischkulturen verlangen mehr Arbeit als ihre monokulturelle Konkurrenz, weil verschiedene Früchte zu unterschiedlichen Zeiten reifen und im Zweifel auch unterschiedliche Erntemethoden verlangen. Daher bepflanzen landwirtschaftliche Großbetriebe ihre Felder immer noch gerne mit nur einer Nutzpflanze – und bekämpfen dann das Unkraut zwischen den Reihen und düngen gleichzeitig was das Zeug hält. Völlig unsinning. Daher sind Experten sich sicher, dass die positiven Ergebnisse aktueller Studien und Projekte, die die Vorzüge von Mischkulturen belegen, zu einem Paradigmenwechsel in der Landwirtschaft führen werden.
Agroökologie auf dem Balkon oder im heimischen Garten
Dass Mischkulturen natürich nicht nur in der Landwirtschaft sinnvoll sind, sondern auch im heimischen Garten und auf dem Naschbalkon, liegt auf der Hand. Aber welche Pflanzen passen eigentlich zusammen und profitieren voneinander? Welche kann man zusammen in einem Beet bzw. Hochbeet platzieren oder in einen Balkonkasten? Dieser Frage geht Gartenexpertin Josie Jeffery in ihrem Buch „Erbse liebt Radieschen“ nach. In diesem praktischen Ratgeber bietet die passionierte Gärtnerin, die für ihre Seedbombs bekannt ist, eine Menge Hintergrundwissen zu Mischkulturen und Gärtnern in Harmonie mit der Natur. Aber vor allem zeigt sie anschaulich, welche Pflanzen gute Nachbarn sind.
Möchte man etwa Möhren anpflanzen, sollte man dazu eventuell Knoblauch säen, der ein guter oberirdischer Partner ist, weil er Nützlinge anzieht. Als unterirdisch wirkender Partner passen zu den Möhren hingegen dicken Bohnen, weil sie sich als Wachstumsföderer positiv auf die Gesundheit und das Wachstum der Möhren auswirken, während diese das gleiche für die dicken Bohnen tun. Eine von vielen möglichen harmonischen Pflanzengesellschaften, „die weder Chemikalien noch Pestizide brauchen“, wie Jeffery erklärt. „Unterbringen können Sie solche Gesellschaften in einem Beet oder Hochbeet oder innerhalb abgesteckter Gartenbereiche.“
Um gute Pflanzpartner zu finden, hat Jeffery ihren Ratgeber in drei Streifen geteilt. Auf dem mittleren Streifen findet man eine mögliche Hauptfrucht, wie rote Beete, Möhren oder Pfirsich. „Blättern Sie dann durch die Streifen darüber und darunter, um Pflanzen mit möglichst vielen Matching-Points zu finden“, erklärt Jeffrey in ihrer „Gebrauchsanweisung“. Auf dem oberen Streifen findet man Pflanzen, die über dem Boden wirken, auf dem unteren Pflanzen, die im Boden wirken. Die farblich gut sortierten Matching-Points abgleichen und loslegen. Alles ganz logisch und einfach zu verstehen. Da steht der eigenen Mischkultur nichts mehr im Weg – auch mitten in der Stadt.
Buchtipp:
Josie Jeffery
Erbse liebt Radieschen. Das einzigartige Was-passt-zusammen-Pflanzbuch
LV-Buch 2013
Spiralbindung, 131 Seiten
Preis: 16,95 Euro
von Tong-Jin Smith 17.2.2016