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Immer noch frisch: Brot und Brötchen von gestern

Ernährungstrends kommen und gehen, was bleibt ist das Brot – vor allem in Deutschland, wo Brot weit mehr als nur ein Grundnahrungsmittel ist, sondern zum Kulturgut zählt. Über 300 Sorten gibt es: vom bio Vollkornbrot bis zum leichten Krustenbrot. Manche Sorten sind universell, andere reine regionale Spezialitäten. Zählt man noch die verschiedenen Brötchensorten dazu, kommt man auf eine ansehnliche Bandbreite von Backwaren – ganz zu schweigen von all den leckeren Bissen, die von Konditoren gezaubert werden.

 

Fast 14 Milliarden Euro setzt die Backbranche jährlich hierzulande um. Ein florierendes Geschäft, denn den Deutschen liegt ihr täglich Brot sehr am Herzen – auch wenn die Durchschnittsbäckerei täglich 10 bis 20 Prozent ihrer Waren entsorgt. Das entspricht deutschlandweit rund 500.000 Tonnen im Jahr. Kein anderes Lebensmittel wird laut Ökotest in so großen Mengen weggeworfen wie Brot. Aber das muss gar nicht sein. Denn ein gutes deutsches Brot hält sich bekanntlich ein paar Tage, vor allem wenn es ein Sauerteigbrot ist. Es im Zweifelsfalls sogar erst richtig gut, wenn es ein paar Tage im heimischen Brotkasten gelegen hat. Warum also nicht Brot vom Vortag kaufen?

 

Die Idee ist nicht neu, erfährt aber in Zeiten, da wir ohnehin zu viele Lebensmittel in die Tonne werfen, neuen Auftrieb. Manche Bäckereien bieten daher ausgewählte Produkte vom Vortag zum halben Preis an, andere geben das, was abends im Tresen liegen bleibt, an soziale Einrichtungen weiter, oder verkaufen ihre Rest an die Tierfuttermittelindustrie und wieder andere haben daraus eine sozialverträgliche Geschäftsidee gemacht – sofern die Behörden mitspielen. Denn nicht selten nehmen sich staatliche Lebensmittelkontrolleure ein bisschen zu ernst und machen mit ihren Auflagen jede Innovation kaputt. So wie im Fall von Backhaus Pieroth, über den die Rhein-Zeitung im vergangenen Herbst berichtete (Rheinzeitung).

 

Aber zum Glück sitzt nicht überall der Amtsschimmel so fest. So gibt es deutschlandweit tatsächlich Backshops, die sich auf Brot von gestern spezialisiert haben und ihren Bäckerkollegen das „alte“ Brot abnehmen, darunter in Nürnberg, Berlin und Freiburg:

 

Second Bäck, Berlin:die beiden kleinen Läden in Berlin-Prenzlauer Berg haben sich auf Bio-Backwaren vom Vortag spezialisiert. Mit der Geschäftsidee hat sich Vesta Heyn 2000 selbständig gemacht.

Filiale RaumerstraßeRaumerstraße 38 (Mo. bis Fr. von 8 bis 19.30 Uhr, Sa. 9 bis 17 Uhr)

Filiale Paul-Robeson-StraßePaul-Robeson-Straße 40 (Mo.-Fr. 10:00-19:30, Sa. 10:00-17:00

 

Leckeres vom Vortag, Nürnberg: Aus der Arbeitslosigkeit heraus hat der ehemalige Bäcker Bernd Heberger in Nürnberg zwei Filialen gegründet, in denen er mit seinem Team „Leckeres vom Vortag“ verkauft. Darunter nicht nur Brot und Brötchen, sondern auch Obst und Gemüse, das als „nicht schön“ gilt.

Filiale KopernikusplatzKopernikusplatz 16 (Di.-Fr. 7:00-18:00, Sa. 7:00-13:00)

 

Bäckerei & Café Reiß-Beck, Freiburg:Seit 105 Jahren gibt es die Familienbäckerei in Kirchzarten. In Freiburg und Umgebung betreibt die Familie mittlerweile sieben Läden bzw. Cafés, darunter auch einen Vortagsladen.

Vortagsladen: Lehenerstr. 38 (Mo.-Fr. 6:30-19:00, Sa. 7:30-13:00)

 
 
Back Zwei, Görlitz: Frische Backwaren vom Vortag zu einem günstigen Preis ist das Motto von Viktoria Baron und György Kiesewetter. So verkaufen sie ausschließlich qualitative Handwerksbackwaren – von Brot und Brötchen bis Süßwaren aller Art.

Bäckerei: Demianiplatz 19/20 (Di.-Fr. 8:00-Ausverkauf)

 
 
Backwaren vom Vortag, Tübingen: Uwe Knorr und sein Team verkaufen in der Tübinger unteren Altstadt Brot und Brötchen, süsse Stückle und Pizza zu günstigen Preisen. Dazu gibt es Bio Fair Kaffee für 1 Euro.

Bäckerei: Froschgasse 10 (Mo.-Sa. 7:30-20:00)

 

von Tong-Jin Smith 17.12.2015

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